23.02.2022
Was der Ukraine-Konflikt für den Handel bedeuten könnte
Was der Ukraine-Konflikt für den Handel bedeuten könnte
Der Konflikt in der Ukraine kann die globalen Lieferketten vor eine Vielzahl von neuen Herausforderungen stellen. Unsere Analyse zeigt, auf welche Produkte die Situation in Osteuropa den größten Einfluss haben könnte. Zu den wichtigsten Exportgütern aus der Ukraine und Russland gehören Energie, Metalle und Grundnahrungsmittel. Der sich anbahnende Konflikt mitsamt allen Lieferunterbrechungen, logistischen Herausforderungen und Sanktionen hat bereits zu einem Anstieg der Preise für eine Vielzahl von Rohstoffen geführt.
Die Entwicklungen der letzten Tage mit den Entscheidungen der russischen Regierung, Truppen in die ostukrainischen Regionen Donezk und Luhansk zu entsenden, sowie die Rede von Präsident Putin, die die Staatlichkeit der Ukraine in Frage stellt, erhöhen die Wahrscheinlichkeit auf einen anhaltenden Konflikt.
Die EU, USA und andere Staaten wollen mit harten Sanktionen auf Russlands Entscheidungen reagieren.
Russland und die Ukraine spielen für den globalen Rohstoffhandel eine entscheidende Rolle
Welche Bereiche des Handels könnten durch Krise in der Ukraine zunehmend beeinträchtigt werden?
Ein Konflikt in der Ukraine könnte - in Verbindung mit möglichen Sanktionen der internationalen Gemeinschaft gegen Russland - zu erheblichen Störungen der Lieferketten führen und die angespannte Beschaffungssituation weiter verschärfen. Zudem ist mit einem Anstieg der Rohstoffpreise zu rechnen (siehe unten) - was wiederum die anhaltende Inflation weiter befeuern würde.
Abbildung 1 zeigt die wichtigsten Exporte aus Russland im Jahr 2021: Rohöl und raffiniertes Öl (36,5% der Gesamtausfuhren), Erdgas (12,7%) und Eisen-/Stahlerzeugnisse (6,6%). In der Ukraine hingegen entfallen 34,6% der Ausfuhren auf Getreide und Bohnen und 26,0% auf Eisen und Stahl.
Vier große Risiken für Lieferketten
Welche Risiken ergeben sich für die Lieferketten?
Zu nennen sind mindestens vier Risikobereiche:
In der schwelenden Krise könnten Exportstopps aus Russland zum Problem für Europa werden. Der Kontinent ist stark von russischem Erdgas abhängig und laut Eurostat-Daten war Russland im Jahr 2020 für rund 46% der EU-Erdgasimporte (außerhalb der EU-Mitgliedstaaten) verantwortlich. Ein Großteil davon wird über Pipelines geliefert, die durch die Ukraine verlaufen.
Allein die Aussicht auf einen Konflikt hat bereits erhebliche Auswirkungen auf die weltweiten Rohstoffpreise - wodurch der bestehende Inflationsdruck auf die Lieferketten weiter ansteigen wird. Auch der Rohölpreis ist auf dem höchsten Stand seit 2014, nachdem Saudi-Arabien erklärt hat, den Wegfall von russischen Exporten nicht auffangen zu wollen.
Der Preisanstieg bei den Rohstoffen setzt sich also weiter fort wie IWF-Daten in Abbildung 2 zeigen: Die Ölpreise waren im Januar 2022 um 67,6% höher als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Dank langfristiger Verträge waren die Erdgaspreise in der Vergangenheit eng an die Ölpreise gekoppelt. Jedoch ist hier mit 217% ein noch steilerer Anstieg im gleichen Zeitraum zu verzeichnen.
Unter den Basismetallen dokumentieren die Aluminiumpreise den steilsten Anstieg und befinden sich mittlerweile auf einem 13-Jahres-Hoch. Alle Basismetalle zusammengenommen kommen in den vergangen drei Monaten auf einen Preisanstieg von 10% im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Auch die Preise für Weizen befinden sich nahe ihres Höchststandes von 2013. Zunehmende Spannungen und die Aussicht auf eine schlechte Ernte ließen die Preise bereits im Herbst 2021 in die Höhe schießen. Und das mit direkter Auswirkung auf die Lebensmittelpreise - Im Zeitraum von Ende November bis Ende Januar erreichten diese ein Niveau, das den Vorjahrespreis um 21.8% toppte.
Einen weiteren Risikobereich stellt eine mögliche physische Unterbrechung der Logistiknetze dar. Bereits jetzt meiden Frachtflugzeuge auf dem Weg von Asien nach Europa das potenzielle Konfliktgebiet. Zwar wird die Verfügbarkeit von Schweröl womöglich nicht direkt eingeschränkt. Die hohen Ölpreise können jedoch einen Dominoeffekt auf die Preise von Schweröl auslösen.
Der Konflikt könnte sowohl höhere Versicherungskosten für Transporte in der Region nach sich ziehen als auch auch den Versicherungsschutz insgesamt einschränken. Die ukrainischen und russischen Gewässer im Schwarzen Meer und im Asowschen Meer wurden vom Joint War Risk Committee der Lloyds Market Association bereits als Risikogebiete eingestuft. Hinzu kommt das potenzielle Risiko von Angriffen auf die Cybersicherheit, die auch bei Logistikunternehmen erhebliche Schäden verursachen können.
Eine mögliche Ausweitung der Sanktionen kann insbesondere für Unternehmen der Energie- und Metallindustrie die Themen Zollabwicklungen und auch Finanztransaktionen beeinträchtigen. Im Extremfall könnten weite Teile der russischen Wirtschaft ganz vom Swift-Zahlungssystem ausgeschlossen werden.
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